Empfehlung des Tages

Eltern verlieren parallel zum Längenwachstum des Kindes über die Jahre ihre Kompetenzen. Oder ihre Einflußnahme. Oder beides. Bereits von laufenden Metern muss man sich anhören, dass man völlig im Unrecht mit seiner Weltanschauung sei, denn der Max aus dem Kindergarten, der hat es ganz anders erzählt. Und der muss es wissen, zählt er doch bereits zu den Schlaumeiern und steht somit so gut wie mit einem Zeh in der Grundschule.
Dr. Google ist auch so ein Miterzieher, der in unpassendsten Momenten dem Kind mitteilt, was es zu tun hat. Erstaunlicherweise hört das Kind auf Dr. Google – obwohl der gar keinen Strafenkatalog führt.
Und so passiert es, dass wir nach einem besonders anstrengenden Samstagnachmittagausflug später als geplant zu Hause einkehren, zwei mittelmäßig gelaunte, weil sehr müde Söhne im Schlepptau, als die schon etwas nervöse Stimme der zu Hause gebliebenen Pubertät über die Etagen verkündet, sie käme später runter, müsse erst noch duschen. Das spontane Duschen Heranwachsender zu jedweder Tages- und Nachtzeit hinterfragen wir nicht mehr, stattdessen konzentrieren wir uns auf das allabendliche Ritual des Zubettbringens der miesepetrigen Brüder. Spannend ist es, wer es schafft beim liebevoll gesummten Lalelu nicht selbst auf dem Bettvorleger zusammenzubrechen, denn der gefühlte Freizeitwert stellt sich doch erst ein, wenn man kurz nach der Tagesschau auf dem Sofa in traumlosen Schlaf fällt.
Dies ist mein Ziel, als ich erschöpft das Baby mittels Federwiege ins Schlummerland befördert habe. Ich erreiche das Sofa und bette meinen kraftlosen Körper so, dass einer sofortigen Ohnmacht nichts mehr im Wege steht.
“Ich hätte da etwas Inspiration für die Geschichten, die du immer über uns schreibst.”
Die Pubertät hat das Duschen beendet und wirkt auf den zweiten Blick erstaunlich ungeduscht. Sozusagen ziemlich zerzaust.
“Ich wollte gerade ohnmächtig werden, nichts schreiben”, entgegne ich mit halbgeschlossenen Augen.
“Ich habe eine Haarkur ausprobiert als ihr weg wart.”
“Na und?”
“Aus Bananen.”
“Du hast dir Bananen in die Haare geschmiert? Wie kommt man auf sowas?”
“Internet.”
Ich muss lachen – das ist natürlich die Falscheste aller möglichen Reaktionen und die Pubertät stürmt wutentbrannt davon. Dem Bananenduft folgend finde ich sie in ihrem Zimmer, wo die von Dr. Google empfohlene Haarkur eine Schneise der Zerstörung hinterlassen hat. Kleidung, Handtücher, Schränke, Boden, Wände – es existiert kein Quadratzentimeter ohne Bananenfasern und Stücke. Die Pubertät motzt unter Wuttränen, dass das nicht lustig sei und ich komme nicht umhin festzustellen, dass das leider unfassbar lustig ist und ich einfach nichts gegen das anhaltende Lachen machen kann. Dann werfe ich einen genaueren Blick auf das Haupthaar der Geschädigten. Es sieht, man kann es nicht anders sagen, so aus, als habe sich jemand darauf erbrochen. Bananenstücke unterschiedlicher Größe und Konsistenzen haben die Strähnen miteinander verwoben und schaffen einen einzigartigen Nestcharakter.
“War das eine Kur gegen schöne Haare?”
“Mann Mama!”
Die kommende Stunde verbringe ich damit, Bananenbrocken aus den Haaren zu kämmen und bin froh, nicht viel gegessen zu haben, zu quälend sind die Assoziationen. Ich erfahre, dass die besondere Konsistenz der Banane vielleicht auch auf die Zugabe eines nicht unerheblichen Anteils Honig zurückzuführen sein könnte.
Bis auf sehr anhängliche Kleinstfasern bin ich erfolgreich, stelle aber zuversichtlich fest, dass die sich bestimmt in den kommenden Wochen rauswaschen. Oder rauswachsen, wenn es suboptimal läuft.
Das bananige Durcheinander des Zimmers überlasse ich der Pubertät, denn ich möchte zweifelsfrei sicher stellen, dass die erlebte Läuterung möglichst lang nachwirkt.
Aber hier irre ich mich gewaltig. Nicht einmal zwölf Stunden später wird mich die Pubertät fragen, welche Naturkosmetik sie wohl als nächstes herstellen könne. Ich werde sie entsetzt fragen, ob sie dann gar nichts aus der Bananenkur gelernt habe und sie wird wahrheitsgemäß antworten:
“Nein.”

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